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Energiemarkt 2022: Was ist zu tun? Impulse für Energieversorger

Erstellt am 11. Februar 2022

Engpässe bei der Beschaffung, ambitionierte Zeitpläne für die Dekarbonisierung der Energieversorgung, Überlastung bei der Kommunikation mit verunsicherten Endkunden – mit diesen und weiteren Herausforderungen sehen sich Energieversorgungs­unternehmen jeglicher Größe akut konfrontiert. Herausforderungen, die so mancher als Krise der Energiewirtschaft betrachtet – und in denen andere die Chance sehen, neue Wege einzuschlagen.

Wie diesen Herausforderungen begegnet werden kann und welche Möglichkeiten Energieversorger haben, sich für die Zukunft gut aufzustellen, diskutierten die Experten der hsag Bettina Schuff und Stefan Renkert mit Partnern aus der Energiewirtschaft. Mit dabei waren Ralf Klöpfer, Vorstand MVV Energie AG, Michael Teigeler, Geschäftsführer Stadtwerke Heidelberg Energie GmbH, Stefan Kleck, Geschäftsführer Stadtwerke Bretten GmbH und Daniel-Klaus Henne, Geschäftsführer Südwestdeutsche Stromhandels GmbH. Welche Erkenntnisse sich unter anderen aus der Diskussionsrunde ergaben, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Zusammen klappt es besser als allein

In einem Punkt waren sich alle Beteiligten einig: Kooperation ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg. Gerade für kleinere Stadtwerke führt kaum ein Weg an der Zusammenarbeit mit anderen vorbei. Dabei gibt es eine Vielzahl von Feldern, in denen sich Kooperationen schnell und langfristig auszahlen: Angefangen beim regelmäßigen Austausch von Know-how, über gemeinsame Projekte und ein Netz zuverlässiger Handwerker bis hin zur Beschaffung und gemeinsamen Investitionen in Technologie, Software und fachkundiges Personal.

  • Ich glaube, wenn jeder von uns jetzt anfängt, das alles selbst zu machen, […] kostet das einen Haufen Geld an manchen Stellen.

    Ralf Klöpfer, Vorstand MVV Energie AG

Wo kleinere, regionale Energieversorger allein auf Dauer nicht in Konkurrenz zu größeren Anbietern treten können, eröffnen Kooperationen neue Möglichkeiten, die auch konsequent genutzt werden sollten. Und die größeren Anbieter drängen massiv auf dem Markt:

  • Auch bei den neuen Themen glaube ich, da [lohnt es sich] mehr im Stadtwerke-Verbund zu kooperieren, weil die Großen kommen alle. Jetzt kommt Amazon demnächst auf den Markt mit Haushalts-Services und Installation […]. Die werden uns dann schon das Fürchten lehren.

    Ralf Klöpfer, Vorstand MVV Energie AG

Eine offene Kundenkommunikation ist das A und O

Die Angst der Endverbraucher vor steigenden Energiekosten ist nichts Neues. In der aktuellen Situation wirkt sich das stark auf das Verhalten der Kunden aus. Wer bis vor Kurzem noch strikt nach dem geringsten Preis geschaut hat, überlegt sich heute oft zweimal, ob der Discounter wirklich die beste Wahl ist. Regionalität und Stabilität schaffen Vertrauen, auf das sowohl Privat- als auch Gewerbe- und Industriekunden in Zeiten der Krise immer mehr Wert legen. Doch auch viele Energieversorger sind gezwungen, an der Preisschraube zu drehen. Wichtig ist dann vor allem, Preissteigerungen offen, ehrlich und rechtzeitig zu kommunizieren. Nur durch eine gelungene Außenkommunikation lässt sich die Unsicherheit der Kunden überwinden und eine langfristige Bindung herbeiführen.

  • Die Kunden haben einen enormen Beratungsbedarf, also gerade Gewerbe- und Industriekunden, teilweise auch die Haushaltskunden. […] Da muss man gucken, wie wir am Ende des Tages rauskommen […], aber da sehe ich auf jeden Fall Anpassungsbedarf […] und ich gehe davon aus, das wird allen Energieversorgern an der Stelle so gehen.

    Stefan Kleck, Geschäftsführer Stadtwerke Bretten GmbH

Dagegen hilft vor allem eins, wie Marketing-Expertin Bettina Schuff weiß: eine proaktive, offene und ehrliche Kundenkommunikation. Dass diese nicht ausschließlich über Service-Hotlines laufen kann, darin sind sich alle Beteiligten einig.

  • Wir wissen von allen unseren Kunden, dass der Kundenservice komplett überlastet ist und alle anderen Themen ein Stück weit hinten runterfallen. Dabei gibt es an sich doch ganz gute Quick-Wins.

    Bettina Schuff, Senior Managerin Marketingberatung hsag

Vor allem die eigene Website kann genutzt werden, um aktuelle Entwicklungen und Informationen an Kunden weiterzugeben. Ein guter Webauftritt entlastet somit nicht nur die Service-Hotline, sie schafft dabei auch selbst ein höheres Maß an Kundenvertrauen. Sehr wichtig dabei ist, die Website immer aktuell zu halten.

Eine weitere gute Möglichkeit, den Kundenservice zu entlasten, ist der Einsatz eines Chatbots. Dieser kann beispielsweise helfen, indem er häufig gestellte Fragen selbstständig beantwortet. So lassen sich die Kapazitäten Ihrer Service-Mitarbeiter effizient dort einsetzen, wo sie tatsächlich gebraucht werden.

Der Weg aus der Krise? Chancen identifizieren und wahrnehmen!

Keine Frage – die Energiewirtschaft befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Doch eine solche Situation bietet auch immer Möglichkeiten, Strategien zu optimieren, bestehende Prozesse kritisch zu hinterfragen und neue Wege zu erschließen.

Michael Teigeler blickt positiv in die Zukunft:

  • Wo Risiken sind, sind auch Chancen. […] Wir werden auch unseren Weg finden und ich sehe uns im Markt jetzt nicht schlecht aufgestellt. Wir werden das gut lösen und wir werden am Ende des Tages auch gegenüber den Kunden eher als Unternehmen, alle gemeinsam wie wir hier sind, eher gestärkt rausgehen als geschwächt.

    Michael Teigeler, Geschäftsführer Stadtwerke Heidelberg Energie GmbH

Chancen sehen die Teilnehmer der Diskussionsrunde vor allem in zwei Bereichen. Erstens eröffnet die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft neue Geschäftsfelder und Unabhängigkeit von volatilen Gas- und Strompreisen. Zweitens ist ein Trend der Kunden in Richtung Autarkie zu beobachten. Daraus entsteht wiederum ein hohes Bedürfnis an Beratung und in weiterer Folge Installation und Service, beispielsweise von Wärmepumpen- und PV-Anlagen. Energieversorger haben momentan mehr denn je die große Chance, sich als kompetenter und vertrauenswürdiger Partner für All-in-One-Lösungen zu etablieren.

Die Chancen ergreifen zu können, die sich Energieversorgern zur Zeit bieten, erfordert aber vor allem eines: zuverlässige Daten. Daher ist es wichtiger als je zuvor, die vorhandenen Daten professionell auszuwerten und danach zu handeln.

  • Es geht schlussendlich darum, in all diesen Beschaffungsfragen […], die Prozesse im Griff zu haben, Digitalisierung ist da natürlich sehr, sehr wichtig. Ich spreche da auch von allen Märkten […], die basieren alle auf dem Erfordernis, hervorragende Daten zu haben, so kann man auch bei volatilen Märkten erfolgreich teilnehmen. Und auch an den Chancen am Markt partizipieren.

    Daniel-Klaus Henne, Geschäftsführer Südwestdeutsche Stromhandels GmbH

Auf Basis von zuverlässigen Daten wird nicht nur die effektive Teilnahme am Marktgeschehen möglich, sondern auch die engere Bindung von bestehenden Kunden, zum Beispiel durch Crossselling-Angebote. Um diese sinnvoll anbieten zu können, müssen die vorhandenen Kundendaten jedoch auch entsprechend ausgewertet und angewandt werden.

  • Es macht keinen Sinn, hundert Prozent der Kunden eine PV-Anlage anzubieten, wenn der gar kein Dach hat. Aber zu wissen, dass das für den Kunden interessant ist und es [ihm] anzubieten, ist sinnvoll. Wenn Sie das aber mit der Gießkanne ausschütten, ist es teuer und bringt nichts. Also brauche ich Informationen über die Kunden, ich brauche CRM-Möglichkeiten und ich brauche günstige Prozesse.

    Stefan Renkert, Vorstand hsag

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